Gründonnerstag in der Hauskirche

Am Gründonnerstag begeht die Kirche den innersten Beweggrund, der Jesus den Weg der kommenden Tage gehen lässt: seine dienende Liebe, die sich im Tod vollendet. Sie kommt zum Ausdruck in der Einsetzung der Eucharistie, dem „Gastmahl der Liebe“ und im Zeichen der Fußwaschung. Die Gläubigen dürfen sich im Gebet an diesem Tag hineinnehmen lassen in die liebende Hingabe Jesu Christi.

Die traditionelle Fußwaschung sowie die Sakramentsprozession mit Übertragung des Allerheiligsten müssen in diesem Jahr entfallen. Ebenso können die beliebten Ölbergandachten (GL 897 oder 675,3.6.8) in diesem Jahr nur privat gebetet werden.

 

Eine Betrachtung zum Evangelium

 

Liebe Schwestern und Brüder,

Jesus hat seinen Jüngern die Füße gewaschen, weil er ihnen damit einen letzten Liebesdienst erweisen wollte. Es ist schon dramatisch genug, dass Er, der Herr und Meister seiner Jünger, sich zu diesem niedrigsten Sklavendienst herablässt. Noch dramatischer ist es allerdings, dass zum Zeitpunkt der Fußwaschung Judas, der Verräter, noch unter den Jüngern war. Erst kurz darauf verlässt er den Abendmahlssaal, um Jesus zu verraten.

Warum tut Jesus das? Hätte er nicht noch ein wenig warten können, um dann seine Liebe nur denen zu erweisen, die auch würdig dafür sind? Das war doch bei Judas vollkommen vergebliche Liebesmüh! Uns wäre das nicht passiert.

Liebe Schwestern und Brüder, Jesus schreibt uns da etwas Wichtiges ins Stammbuch: Ein Mensch ist nur dann verloren, wenn wirklich alles versucht worden ist. Wenn ich wirklich bis zum Äußersten alles versucht habe. Und genau das tut Jesus: Er geht wirklich bis zum äußersten. Jesus zeigt seine Liebe, um Judas und uns zu bekehren. Er lässt seine Liebe so handgreiflich und spürbar werden, dass eigentlich jeder sich dadurch anrühren lassen müsste.

Er gibt nicht auf, auch die letzte, die allerletzte Seele noch zu rühren. Dass ist die eigentliche Größe der Erlösung: Er tut alles, wirklich alles, um uns den Weg zum Vater zu ebnen, und lockt und zieht uns, trägt für uns das Kreuz, und fragt dann, wer ihm nachfolgt.

Da sieht es bei uns oft ganz anders aus. Wir fragen zuerst, wer denn wohl noch zu retten ist. Risikoabschätzung nennt man das. Ob sich denn Freundlichkeit lohnt. Ob denn unser Tun nicht von vornherein vergebene Liebesmühe ist.

Und wenn wir den Eindruck haben, dass es einfach nichts bringt, dann sehen wir auch keinen Sinn darin, uns zum Idioten zu machen. «Das bringt doch nichts!» - «Der Typ ist abgeschrieben, den bekommst du wirklich nicht mehr hin.» - «Aus den Kindern kann ja nichts werden.» - «Da kann ich doch nicht helfen. Der braucht ganz andere Hilfe.» - «Ich habe jetzt schon dreimal meine Dienste angeboten, wenn der nicht will, ist er doch selber schuld. Ich mach mich doch nicht zum Idioten!»

Merken Sie, wie ganz anders Jesus gehandelt hat? Sogar der, von dem er wusste, dass er sich nicht ändern würde, hat er noch seine Liebe gezeigt und ihm die Füße gewaschen. Wenn wir so handeln, wie wir es nun mal gewohnt sind, dann ist kein anderes Wort dafür passend als «unchristlich». Wir handeln oft „unchristlich".

Liebe Schwestern und Brüder, natürlich ist es auch menschlich, jemanden, von dem man enttäuscht wurde, links liegen zu lassen. Oder auf eine Entschuldigung zu warten. Zeichen der Besserung und der Reue zu verlangen. Jemanden mit vorübergehender Nichtachtung zu strafen. Es gibt Verletzungen, die gehen einfach zu tief, um sie zu vergessen. Das ist menschlich, ja richtig. Jeder denkt immer wieder so.

Aber wir sollen eben nicht bloß menschlich sein! Das genügt einfach nicht, um Jesus nachzufolgen. Mit bloßer Menschlichkeit, und das muss uns immer wieder neu klar werden, sind wir meilenweit vom Reich Gottes entfernt. Gestehen wir es uns doch ein: Mit dem Wort «ich bin ja auch nur ein Mensch» soll nichts anderes entschuldigt werden, als unsere Verweigerung, es Jesus gleichzutun.

Liebe Schwestern und Brüder, wir sind aufgerufen, christlich zu handeln: «Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.»

Die Fußwaschung vor allem an Judas sollte uns aufrütteln, uns nachdenklich machen. Wie vielen haben wir die Tür gewiesen, weil wir keine Aussicht auf Erfolg gesehen haben. Nicht die Tür verschließen hätten wir tun sollen, sondern ihnen die Füße waschen! Das wäre unsere Christenpflicht gewesen! Und obwohl wir so schwach sind und so ganz und gar unwürdig, uns Christen zu nennen, kommt Jesus doch immer wieder zu uns, um an uns den Dienst der Liebe zu vollziehen.

Ich brauche es nicht zu sagen, wie sehr Fußwaschung und Eucharistie zusammenhängt. Alle sind Sie eingeladen zur Mahlgemeinschaft mit Jesus. Keiner von uns wird vor die Tür gesetzt, wie wir es selbst mit anderen tun. Uns allen wäscht Gott in jeder Eucharistiefeier unsere Füße und unsere Herzen, unseren Geist und unsere Seele. In dieser Coroanazeit, in der aus ganz anderen Gründen die Gläubigen im Blick auf die Eucharistie vor die Türe gesetzt sind, dürfen Sie sich durch die Sehnsucht nach der Hl. Kommunion mit Jesus verbinden. Jesus schenkt Ihnen seine Gegenwart durch das Verlangen mit ihm verbunden zu sein.

Heute dürfen wir erfahren: Immer wieder, auch wenn manchmal keine Hoffnung besteht - Gott gibt nicht auf. Gott gibt niemals Einen von uns auf. Er liebt Sie und erlöst Sie gegen alle Berechnung. Bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz. Das, liebe Schwestern und Brüder, feiern wir heute. Amen.

 

31.03.2020
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