Hausgottesdienst am Sonntag

Guten Hirten Sonntag

Hirt und Herde sind bei einem Hirtenvolk selbstverständliche Bezeichnungen für Herrscher und Volk, auch für Lehrer und Gemeinde. Im Alten Testament wird Gott der Hirt seines Volkes genannt (Ps 23; Ps 95, 7; Ez 34). Wenn Jesus nun sich als den guten Hirten bezeichnet und als die Tür zum Leben, so liegt darin ein ungeheurer Anspruch: Er selbst ist für die Menschen die Offenbarung Gottes; es gibt keine rettende Wahrheit und keinen Weg zum Leben außer ihm. Wer in der Gemeinde als Hirt und Lehrer aufgestellt ist, steht im Dienst und unter dem Gericht dieses „guten Hirten“.

Bild: Martin Manigatterer

 

Evangelium Joh 10, 1–10

 

Liebe Brüder und Schwestern im Herrn!

Das Gleichnis erzählte Jesus seinen Jüngern. Die Zuhörer „verstanden nicht den Sinn dessen, was ihnen Jesus gesagt hatte“ (Vers 6). Ungewöhnlich offen und in keiner Weise beschönigend beschreibt der Evangelist Johannes die Reaktion der Menschen auf die Worte des Herrn, als er ihnen das erste Gleichnis vom guten Hirten erzählt hatte.

War es denn wirklich so schwer zu begreifen, dass Jesus an dieser Stelle von sich selber sprach, beziehungsweise auch von Gott seinem Vater, der in Liebe für die Menschen sorgt, so wie dies ein guter Hirt für seine Schafe tut?

Dabei war doch die Lebenswelt eines Hirten mit seiner Herde den Menschen zurzeit Jesu gut vertraut. Genau deshalb wählte Jesus auch immer wieder anschauliche Worte aus den Alltagserfahrungen seiner Zuhörer. Nicht eine abstrakte Theorie bietet Jesus, sondern eine lebendige Darstellung des Reiches Gottes mit Bildern aus dem Alltag.

Wir feiern heute den „Sonntag vom Guten Hirten“, auch wenn wir ihn noch nicht gemeinsam feiern können; er ist zugleich der Weltgebetstag um geistliche Berufe. Das Evangelium vom Guten Hirten macht uns neu bewusst, wie zärtlich und liebevoll Gott für uns sorgen will. Wir sind ihm nicht gleichgültig. Um einen jeden einzelnen nimmt sich der himmlischen Vater an - und zwar durch den in die Welt gesandten Sohn.

Dem guten Hirten liegt an seinen Schafen, während der Dieb und Räuber nur kommt, „um zu stehlen, zu schlachten und zu vernichten“. Jesus aber ist gekommen, damit wir Menschen „das Leben haben und es in Fülle haben“.

Fragen wir uns selbst, jede/r ganz persönlich: Lassen wir uns vom Guten Hirten – von Jesus Christus, dem Herrn – führen? Vertrauen wir uns ihm ganz an? Schenken wir ihm unser Leben, damit er uns zur Fülle des ewigen Lebens führt?

Zu Beginn vom Monat Mai hat Papst Franziskus alle in der Kirche aufgerufen täglich den Rosenkranz zur Überwindung der Pandemie zu beten. Das erinnert uns an Fatima.

Als im Jahr 1917 im portugiesischen Ort Fatima die Gottesmutter Maria drei Hirtenkindern erschien, da hatte der Himmel eine gute Wahl getroffen. Denn diese drei Kinder waren unverdorbenen Herzens und offen für das Übernatürliche. Sie hüteten gemeinsam die Schafe ihrer Familien, als sie schon ein Jahr vorher – 1916 – insgesamt dreimal durch einen Engel auf die Erscheinung der Muttergottes vorbereitet wurden. Dieser „Engel des Friedens“ lehrte sie verschiedene Gebete und lud sie ein, stellvertretend für die Sünden der Menschen Gott alle Gebete, Verzichte und Mühseligkeiten darzubringen.

Dann aber am 13. Mai 1917 erschien ihnen eine Frau, die ganz in Weiß gekleidet war. Diese Frau „vom Himmel“ lud sie ein: „Betet täglich den Rosenkranz, um den Frieden der Welt und das Ende des Krieges zu erlangen!” Weitere Erscheinungen der Gottesmutter folgten in den kommenden Monaten, bis schließlich zur Beglaubigung der Echtheit am 13. Oktober 1917 ein großes Sonnenwunder geschah, das auch von Menschen bezeugt wurde, die mit den Ereignissen vorher nichts zu tun hatten.

Zum 100-jähringen Jubiläum 2017 wurdenauf der ganzen Welt Fatima-Feiern abgehalten, und Papst Franziskus ließ es sich nicht nehmen, zum 13. Mai nach Fatima zu gehen. Dort zelebrierte er mit etwa 2000 Bischöfen und Priestern in Gegenwart vieler Gläubiger die heilige Messe, betete den Rosenkranz und sprach zwei der drei Seherkinder heilig. Es handelte sich um die Geschwister Francisco und Jacinta Marto, die im Jahr 1917 erst neun beziehungsweise sieben Jahre alt waren. Früh vollendet in der Heiligkeit starben Francisco 2 Jahre und seine Schwester Jacinta 3 Jahre nach den Erscheinungen, während das dritte Seherkind, die damals zehnjährige Lúcia dos Santos ihre beiden verwandten Freunde und Spielgefährten um Jahrzehnte überlebte. Sie starb am 13. Februar 2005 im Karmel von Coimbra knapp 98-jährig, ebenfalls im Ruf der Heiligkeit.

Eine von der Kirche anerkannte Privatoffenbarung ist für niemanden verpflichtend. Denn in der allgemeinen Offenbarung Gottes, die in Jesus Christus ihren Abschluss und ihre Vollendung gefunden hat, ist uns alles gesagt und mitgeteilt, was Gott uns zu unserem Heil offenbaren wollte. Dennoch können solche Marienerscheinungen nützlich und hilfreich sein, insofern sie uns auf andere Weise an das Evangelium erinnern: Nämlich aufrufen zum Glaube und zur echten Umkehr. Gerade in dieser großen Verunsicherung in der Corona-Pandemie kommt Fatima wieder in einen aktuellen Kontext.

Tatsächlich haben viele Menschen aus dem Beten des Rosenkranzes, den die Gottesmutter in Fatima emphohlen hat, große Kraft empfangen. Um den Frieden in den Herzen der Menschen und in der Welt insgesamt gilt es weiterhin zu beten!  Auch wenn die Gefahren des Kommunismus und die Schrecken des 20 Jahrhunderts überwunden sind, so gibt es doch schon wieder ganz neue Gefahren durch die der Glaube und der Friede bedroht sind. Seit über 15 Jahren können wir ganz konkret beobachten, dass mit dem islamistischen Terrorismus eine neue Plage der Menschheit gekommen ist, die die Welt noch lange in Atem halten wird. Der internationale Gesundheitsnotstand ist in aller Munde.

Im Geist von Fatima sind wir aufgerufen eine neue Gebetsbewegung zu starten. Uns persönlich angesprochen zu fühlen, wenn die Muttergottes sagt: Betet täglich den Rosenkranz für den Frieden in der Welt! Durch das Gebet könnt ihr Kriege verhindern und Menschen die Gnade der Bekehrung erbitten, sagt sie. Ich lade Sie ein, sich mit den Ereignissen von Fatima zu beschäftigen. Sie können uns zwei wichtige Dinge lehren: 1. dass der Himmel uns sehr nahe ist und bereit uns zur Hilfe zu kommen – und 2. dass wir durch unser Gebet, diese Hilfe herbeirufen können.

Die Frage ist nur, ob wir es wirklich ernsthaft tun? Ich wage eine Antwort: Wir tun es (noch) nicht! Insofern gleichen wir schon etwas den Zuhörern Jesu, über die gesagt wird: Sie aber verstanden nicht den Sinn dessen, was er ihnen gesagt hatte. Amen.

29.04.2020
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