Wie sieht es im Himmel aus?

Von Ursula Katharina Balken

Die Hospiz-Gruppe der Caritas ist 25 Jahre alt. Schwester Sandra übergibt jetzt die Leitung an Silvia Unseld.

Ist es im Himmel schön? Wie sieht es dort wohl aus? Fragen, die Schwester Sandra Bürstlinger oft gehört hat, aber sie kann sie nicht beantworten.  Wenn sie am Bett eines Menschen sitzt, dessen irdisches Leben langsam verlöscht, gilt ihr Sinnen dem Sterbenden, ihn spüren zu lassen, dass er nicht allein ist. Geprägt von ihrem tiefen Glauben spricht sie von „einem anderen Leben.“ 25 Jahre stellte sie sich einer der wohl schwierigsten Aufgaben, die es in diesem Leben gibt.  Sie nennt es „den Menschen in seiner letzten Lebensphase zu begleiten.“ So sieht auch Silvia Unseld ihren neu übernommenen Dienst. In ihre Hände hat Schwester Sandra die Leitung der Hospiz-Gruppe unter dem Dach der Caritas gelegt. „Ich bin unendlich erleichtert, dass die Nachfolge in der Führung der Gruppe nun geregelt ist.“

Vor 25 Jahren war Schwester Sandra, eine Dillinger Franziskanerin, Pflegedienstleiterin bei der Sozialstation der Caritas. Was wo not tat, wusste sie aus langjähriger Erfahrung. 1964 war sie nach Vöhringen gekommen und stand als Krankenschwester im Dienste des Ambulanten Krankenvereins, der nach rund 100 Jahren seines Bestehens in die Sozialstation überging. Zu einer Zeit als das Wort Hospizbewegung im Alltag noch nicht so präsent wie heute war, entdeckte die Schwester die Notwenigkeit der Sterbebegleitung. Es sollte niemand allein für sich aus diesem Leben gehen. Sie besann sich auf die vielfältigen Angebote der Caritas für Menschen in Trauer, mit Depressionen und unter anderem auch für Sterbebegleitung. Da knüpfte sie an. „Sehr schnell“, so erinnert sie sich, scharte sie etwa 20 Personen um sich, die mit ihr den Gedanken teilte, Sterbende nicht allein zu lassen.  

Schwester Sandra stützt sich auf einen Satz von Cecily Saunders, sie war eine englische Krankenschwester und Ärztin, die den Hospizgedanken lebendig werden ließ und tatkräftig umsetzte. Ihr Kernsatz war die Initialzündung für die moderne Hospizbewegung. „Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben!“

Nach ergänzender Ausbildung machte sich die Schwester daran, ihr Team auf das Neue vorzubereiten. Sie nahm sie mit auf Stationen im Altersheim und ließ sie so langsam praktische Erfahrungen sammeln. „Nicht jeder kann mental damit umgehen. Deshalb müssen zwei Dinge zwingend vorhanden sein, Neigung und Eignung“, betont Schwester Sandra. „Die Mitglieder des Teams müssen mit Menschen umgehen können und man müsse sich diese Aufgabe auch zutrauen.“ Ein klein wenig Stolz schwingt in Sandras Stimme mit, wenn sie berichtet, dass auch ein Mann im Team mitarbeitet. Was ihr ganz wichtig ist – alle Helfer  unterliegen einer strengen Schweigepflicht. Wenn sich das Team regelmäßig trifft, werden Situationen angesprochen und wie man sie gemeistert hat. Aber nichts von alledem dringt nach draußen.

Mittlerweile erreichte die Schwester der Ruhestand. Mit noch größerer Hingabe widmete sie sich der Hospizarbeit. Wichtig ist ihr auch was Palliativ home care genannt wird – Palliativpflege zu Hause. Ständig suchte sie ihre Kenntnisse und Wissen bei Ausbildungen und Fortbildungen zu erweitern. Es gibt eine enge Kooperation mit der Weißenhorner SAPV, was für Spezialisierte Ambulante Palliativ-Versorgung steht.

Seit 17 Jahren steht sie an der Spitze der Hospiz-Gruppe in Vöhringen. Mit dem ihr eigenen trockenen Humor sagt sie, „wenn es auf die Achtziger zugeht, wird es Zeit, die Aufgabe ein andere Hände zu legen.“ Schwester Sandra ist für ihr Engagement mehrfach ausgezeichnet worden. Der ehemalige Bürgermeister Karl Janson überreichte ihr die Goldene Bürgermedaille und die Bayerische Staatsregierung ehrte sie mit dem Bayerischen Hospiz-Preis.  

Silvia Unseld, die ihren Arbeitsplatz in der Caritas-Verwaltung hat, entschloss sich nach einer Bedenkzeit ja zu sagen. Sie steht an der Spitze der Organisation wie Koordination. „Ich freue mich auf die neue Aufgabe, denn ich weiß, ich habe ein gutes Team um mich herum.“ Aber ob sich Schwester Sandra nun mehr Ruhe gönnen kann? Wer die vielfach engagierte Ordensfrau kennt, hat da so seine Zweifel.


 

 

01.07.2021
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