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Osterruhe

Gedanken zum geistlichen Sinn der Osterruhe, der über die technische Bedeutung der Pandemiebekämpfung hinausgehen muss, wenn er bleibenden Wert erhalten soll.

Bild: Martin Manigatterer (Entwurf) / Martha Gahbauer (Foto) In: Pfarrbriefservice.de

„In ein paar Wochen ist alles vorüber.“ So denken wir von Monat zu Monat. Ein hartnäckiger Irrtum, denn ein gedankenloses „Weiter wie bisher“ wird es wohl nicht geben. Zu gewaltig ist die Lektion, die der gesamten Menschheit in der Corona-Pandemie erteilt wird. Zu gravierend die Folgen der Virusinfektion.

Zu den gesellschaftlichen Verwerfungen gehörte nicht zuletzt, dass Christen im vergangenen Jahr erstmals in der Geschichte nicht gemeinsam Ostern feiern konnten. Die Misere als Strafe Gottes zu deuten, dürfen wir im Blick auf Ostern lassen. Ist es nicht vielmehr so, dass wir uns selbst bestrafen, wenn wir uns nicht an den Lebensweisungen Gottes orientieren? Etwas salopp gesagt: „Wer zum Himmel spuckt, trifft sich selbst.“ Vielleicht ist die Menschheit als ganze gerade dabei, sich die eigene Spucke aus dem Gesicht zu wischen.

Die Zeit der Corona-Pandemie muss uns zu einer Gewissenserforschung werden: Welche Elemente eines unheilvollen Handelns haben dazu beigetragen, diese Situation heraufzuführen? Es geht nicht darum, Schuldige zu suchen oder mit dem Finger auf andere zu zeigen.

Eine Idee, wie mit einer Katastrophe umgegangen werden könnte, gibt eine schwierige Phase in der Geschichte Israels. Als das Volk in babylonische Gefangenschaft geraten war, begann es diese Zeit als Zeit der Besinnung zu begreifen. Eine Erkenntnis formulierten sie in einem bemerkenswerten Satz: „Dem Land wurden seine Sabbate ersetzt“ (2 Chr 36,21). Das heißt: Die Zeit der erzwungenen Ruhe im Exil wurde Israel zu einer Zeit, in der es all die Sabbate nachholen konnte, die es zuvor unter Missachtung der heilsamen Weisung Gottes verschleudert hatte.

Eine verblüffende Parallele zu unserem Lockdown: Erzwungene Ruhe, die sich wie Exil und nationale Gefangenschaft anfühlt. Man kommt auch nicht umhin, an die Wortschöpfung der letzten Woche zu denken: „Osterruhe“. Osterruhe heißt Sabbat. Nur, wenn sie bedeuten sollte, dass auf Gottesdienste verzichtet wird, ist sie genau das Gegenteil.  Osterruhe hat tatsächlich Substanz. Sie steht dabei nicht nur für ein Gebot, sondern für ein Leben im Einklang mit dem Schöpfergott und seiner Schöpfung: Der göttliche Ruhetag als Vorbild und Maß für den Menschen. Sollen uns vielleicht tatsächlich jetzt die Sonn- und Feiertage wiedererstattet werden, die wir allen möglichen Beschäftigungen geopfert haben?

Im Exsultet, dem Lob der Kirche auf die Osterkerze, heißt es. „O glückliche Schuld, welch großen Erlöser hast du gefunden.“

03.04.2021
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